Niedersachsen: Wildschweine vermehren sich explosionsartig

Schäden auf Äckern und Gärter nehmen stark zu

Niedersachsen: Wildschweine vermehren sich explosionsartig

Schäden auf Äckern und in Gärten nehmen stark zu<//b>

Hann-Münden - Wildschweine haben sich im vergangenen Jahr in Niedersachsen geradezu explosionsartig vermehrt. Das Agrarministerium rief die Jäger am Mittwoch auf, mehr Tiere zu schießen. In Bereichen, in denen im Frühjahr 100 Tiere lebten, gebe es jetzt im Spätsommer zum Teil 400 oder sogar noch mehr Wildschweine, sagte Gunter Sodeikat vom Institut für Wildtierforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Betroffen seien vor allem die waldreichen Gebiete im Süden und Osten Niedersachsens.

Als Folge der Massenvermehrung nähmen die Schäden auf Äckern und Gärten stark zu, sagte der Wildbiologe. Zudem drohten vermehrt gefährliche Verkehrsunfälle. Im Hann.Mündener Ortsteil Hermannshagen zum Beispiel haben erst vor wenigen Tagen Wildschweine Grundstücke verwüstet. In Braunlage gruben sie jüngst Teile des Kurparks um.

Wegen der warmen Winter der vergangenen Jahre und des guten Nahrungsangebotes sei die Reproduktionsrate der Wildschweine in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Sie liege inzwischen bei deutlich über 300 Prozent, sagte Sodeikat. Mitte der 1990er Jahre hatte diese Rate noch etwa 200 Prozent betragen.

Durch die «enorme Populationsdynamik» erschließen sich die Wildschweine in Niedersachsen Richtung Nordwesten immer neue Lebensräume, erklärte der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums Dominik Mayer. Damit steige auch die Gefahr der Schweinepest. Nicht zuletzt um einen Schweinepest-Ausbruch in den immer größer werdenden Wildschweinbeständen zu verhindern, müssten die Jäger weitaus mehr Tiere schießen als bisher.

Die Jagd auf Wildschweine werde allerdings immer schwieriger, sagte der Sprecher der niedersächsischen Landesforsten, Stefan Fenner. Die Tiere hielten sich zumeist in Mais- oder Rapsfeldern auf. «Zwischen den hohen Pflanzen kann man sie zwar hören, aber kaum sehen». Dennoch würden die Förster ab Beginn der Jagdsaison im Herbst alles daran setzen, um die Bestände zu verringern.

Wie viele Wildschweine inzwischen in Niedersachsen leben, lasse sich nur sehr schwer schätzen, sagte Wildschwein-Experte Sodeikat. Es gebe keine verlässlichen Zahlen. Sicher sei nur, dass die Größe der Population zumeist stark unterschätzt werde. Gewisse Rückschlüsse könne man aus der Zahl der geschossenen Tiere ziehen. Diese sogenannte Strecke sei innerhalb eines Jahres in Niedersachsen von etwa 26 000 auf 48 000 empor geschnellt. Dies sei eine «fast unglaubliche Steigerung».

Ohne eine stärkere Bejagung würden sich die Wildschweinbestände landesweit in Zukunft weiter massiv vergrößern, meinte Sodeikat. Weil die Anbaufläche von Mais und anderen nachwachsenden Rohstoffen voraussichtlich größer wird, werde auch das Nahrungsangebot für die Wildschweine steigen.

Spaziergänger in Wald und Feld müssten sich deshalb aber keine Sorgen machen, sagte der Wildbiologe. Es gebe zwar hin und wieder Fälle, in denen Wildschweine aggressiv reagierten. Im vergangenen Herbst etwa hatte ein wild gewordener Keiler im Hann-Mündener Ortsteil Kattenbühl drei Menschen attackiert und verletzt. Normalerweise müsse man sich aber nicht fürchten, sagte Sodeikat. Wildschweine seien in der Regel sehr scheu.