Jagd- und Naturabend der Jägerschaften OS-Stadt/-Land am 24. April 2015

Der Einladung der Jägerschaften in das Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt folgten weit über 200 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Universität, Schulen, Verbänden, Behörden und Jagd.

(Text  P. Ehlers, Bilder Veranstaltung P. Ehlers Bilder Wolf Thorsten Vaupel)

Schwerpunkte der Veranstaltung waren der Vortrag von Frau Dr. Habbe „Isegrimm zurück in Niedersachsen – oder „Wer hat Angst vor dem bösen Wolf?“, die Diskussionen und das anschließende Beisammensein bei guten Gesprächen und einem außergewöhnlichen Abendessen mit Damwild-Variationen.

 

Peter Konermann, bisheriger Vorsitzender der Jägerschaft OS-Stadt, begrüßte  - auch im Namen von Reinhard Korbel/Vorsitzender der Jägerschaft OS-Land - die Teilnehmer und viele Ehrengäste. Peter Konermann berichtete von der gerade beendeten Jahresversammlung, seinem Abschied aus der 23 Jahre langen Verantwortung als  Vorsitzender und seinem frisch gewählten Nachfolger Willfried Lintker.

 

Peter Konermann dankte dem Hausherrn, dem Generalsekretär der Deutschen Bundesumweltstiftung Dr. Heinrich Bottermann, für die Gastfreundschaft und die große Verantwortung der DBU für Umweltschutz und unser Nationales Naturerbe.

 

Das Grußwort der Stadt Osnabrück an die Teilnehmer und Jägerschaften erfolgte durch Frau Petra Rosenbach (GF der Osnabrücker Marketing und Tourismus GmbH), die für den verhinderten Stadtbaurat  Otte insbesondere  die langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit der Stadt mit den Jägerschaft hervorhob.

 

Auch Dr. Bottermann begrüßte als Hausherr die Teilnehmer und berichtete über die Gründung und Ziele der DBU: die Stiftung DBU wurde 1990 mit einem Stiftungskapital von 1.3 Mia € gegründet  aus dem  Privatisierungserlös  der staatlichen Salzgitter AG auf Initiative von Theo Waigel (damaliger Finanzminister) und Hans Tietmeyer (damaliger Bundesbank-Präsident). Damit gehört die Stiftung zu den größten Europas.

Als neue Aufgabe hat die DBU vor ca. 10 Jahren die Verantwortung für die Umwandlung großer Flächen  (vornehmlich ehemalige Truppenübungsplätze) in Naturgebiete übernommen. Heute verwaltet die DBU als Nationales Naturerbe ca. 130.000 ha Naturschutz-Flächen, wovon 60.000 ha bewirtschaftet, 70.000 ha Wald und 10.000 ha Offenland sind. Wesentliche Ziele für diese Naturerbe-Flächen sind die Erhaltung der Artenvielfalt, der Einklang von Naturschutz und verantwortungsbewusste Erträge. Dazu gehören  auch die Umwandlung von Nadelbaum- in Laubbaum-Wälder, die Schaffung von nachhaltigen Rückzugsgebieten für alle Wildtiere, nachhaltige Bejagung mit ausschließlich bleifreier Munition und generell Umwelt-, Natur- und Artenschutz.

 

Peter Konermann berichtete über Jagd in D und Osnabrücker Land. In D werden jährlich – auf  Basis der Nachhaltigkeit  ca. 1 Mio Rehe (7000),  05-0,75 Mio Wildschweine (350-700)  und 0,15 Mio Damwild/Rotwild (700) erlegt (Osnabrücker Land in Klamern). Die Jagdbehörden legen verbindlich die  jährlichen Abschussquoten fest (nicht für Wildschweine). Bundesweit gibt es etwa 370.000 Jäger (Osnabrücker Land 5000), davon 10 % Frauen mit erfreulicherweise steigender Tendenz. Der Anteil der weiblichen Teilnehmer unserer Jagdkurse liegt inzwischen bei 20-25 %. Nach aktuellen Umfragen stehen fast  80 % der Bevölkerung der Jagd positiv gegenüber.

 

In ihrem Vortrag über die Rückkehr der Wölfe in Niedersachsen berichtete Frau Dr. Habbe über die frühere flächendeckende Verbreitung der Wölfe in Europa, die Fast-Ausrottung vielerorts (Tiefststand um 1960) und die rechtliche Situation. Erst seit 1977 mit dem Washingtoner Artenschutzabkommen steht der Wolf unter höchstmöglichem Schutz, flankiert vom Bundesnaturschutzgesetz von 1980 und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie von 1992. Die EU fordert ein professionelles Wolfsmanagement mit dem Ziel, einen günstigen Erhaltungszustand der Population zu erreichen ohne Wiederansiedelung. Erst im Jahre 2000 wurde das erste Wolfsrudel in Sachsen entdeckt. Hieraus entwickelten sich in D bis heute etwa 30 Rudel. Die Wanderung der Wölfe erfolgte ausschließlich in West-/Nordwest-Richtung. Die ersten Nachweise von Wölfen in Niedersachsen gelangen 2011/2012.

Ein Wolfsrudel besteht aus durchschnittlich 8 Tieren: das Elternpaar, die Jährlinge und die Welpen. Der Nachwuchs kann bis zu 11Welpen betragen, im Durchschnitt 6. Das Territorium einer Wolfsfamilie beträgt 200-300qkm. Ihre Beute besteht aus Reh (54%), Rot-/Damwild (22 %), Schwarzwild (18 %), Hasenartigen (3 %), aber auch Schafe, junge Rinder etc. Ein Wolf braucht 3 bis 4 kg Fleisch täglich, ein Rudel erbeutet ca. 550 Tiere pro Jahr auf einer Fläche von bis zu 300qkm.

Die Halter von getöteten Nutztieren werden bei Nachweis entschädigt und erhalten generell Zuschüsse für Zäune und Schutzvorrichtungen. Welche Auswirkungen die Ausbreitung der Wölfe auf den Wildbestand hat, dafür gibt es bisher noch keine belastbaren Erkenntnisse.

Die größten Wolfspopulationen in Europa gibt es derzeit in den Karpaten (2700-3500 Tiere), Nord-/West-Spanien (2200-2500), Baltikum (900-1400), Italien (600-800), Deutschland/Polen (600-800) und Skandinavien (260-330). Wo sind die Grenzen der Population?  Die  EU sieht den günstigen Erhaltungszustand bei 1000 Tieren pro Land, natürlich abhängig von Größe , Bevölkerungsdichte und Landschaftsstruktur. Diese Zielsetzung – z.B. 1000 Tiere in D/Westpolen – erscheint unrealistisch und wird von vielen Experten bezweifelt.

In den letzten 60 Jahren hat es in Europa 59 unliebsame Begegnungen mit Wölfen gegeben, davon 9 tödlich. Mögliche Ursachen waren Provokation, Tollwut, Hunde. Der Wolf ist  ein sehr scheues Tier, das dem Menschen aus dem Wege geht. Das Verhalten von Jungwölfen ist bisweilen jedoch anders. Bei Wolfsbegegnungen lassen sich normalerweise durch lautes Schreien 99% der Tiere verscheuchen. Auch bei Spaziergängen mit dem Hund besteht kein Risiko, weil der Hund vom Wolf als neutraler Begleiter des Menschen angesehen wird.

Die Besenderung von Wölfen zur besseren Verfolgung ihrer Wanderbewegungen ist derzeit nicht möglich wegen der gesetzlich verbotenen Fangjagd. Frau Dr. Habbe beleuchtete in ihrem Vortrag weiterhin das Meldesystem, die Wolfsberater, die Wolfsbiologie, das Verhältnis Wölfe/Hunde, Wolf /Bevölkerung, Wölfe/Nutztiere und Wölfe/Jagd.

Was geschieht, wenn der Wolf sich bei uns in der heutigen Kulturlandschaft weiter ausbreitet und zu einem Problem werden könnte? Darauf – so Dr. Habbe – müssen Politik und  Gesellschaft  rechtzeitig eine Antwort finden. Nach den Diskussionen bedankte sich Peter Konermann  bei Dr. Britta Habbe für ihren lebendigen und interessanten Vortrag mit einem Präsentkorb.

 

Abschließend erläuterte Peter Konermann zwei persönliche Anliegen. Die Jäger präsentieren – wie wenige andere Gruppen –ziemlich genau die Mitte der Gesellschaft, die normalerweise nicht auf die Straße geht für einen öffentlichkeitswirksamen Protest.

Eine solche Situation haben wir in Düsseldorf erlebt, wo etwa 15.000 Jäger, Landwirte und andere Nutzer des öffentlichen Raumes gegen die von der rot-grünen Landesregierung geplante Einschränkung des Jagdrechts in NRW demonstriert haben, nachdem alle  Bemühungen der betroffenen Verbände im Vorfeld erfolglos waren. Für nahezu 100% aller Teilnehmer dieses Protestes war es die erste Demonstration in ihrem Leben überhaupt. Leider wurde in Presse, Rundfunk und TV so gut wie nichts darüber berichtet.

 

Das zweite Anliegen von Peter Konermann betraf die aktuelle Flüchtlingssituation hier in Osnabrück. Im  neuen Flüchtlinshaus am Natruper Holz gibt es viele Kinder, die dringend geeignete Spielgeräte benötigen. Dafür werden – so Konermann -  zwei angehende Jägerinnen   anschließend um Spenden bitten. Die Spielgeräte sollen in Abstimmung mit der Leiterin Frau Teschner  beschafft und kurzfristig an die Kinder übergeben werden.

 

Zum Abschluss bedankte sich Peter Konermann  nochmals bei allen Gästen, Rednern und Organisatoren für den ersten Teil des interessanten Abends und lud zum  zweiten Teil ein, das  Wildbret-Buffet (Damwild aus heimischem Revier: Variationen in Gulasch, Sauerbraten und Rücken) mit passenden  Getränken und guten Gesprächen.